Hydrasun hat kürzlich ein umfassendes Konzept zur Förderung der Wasserstofftechnologie vorgestellt. Dieses umfasst insbesondere die Gründung einer neuen Kompetenzakademie, eine Rekrutierungsoffensive sowie eine bevorstehende Neuerwerbung. Zeitgleich dazu haben wir mit dem japanischen Tech-Riesen Panasonic eine Vereinbarung über ein potenzielles Vorzeigeprojekt zur Dekarbonisierung von Industriegebäuden in der Energy Transition Zone (ETZ) von Aberdeen unterzeichnet.
Geschäftsführer Bob Drummond erklärte gegenüber Energy Voice, dass bei dem im Nordosten des Landes ansässigen Unternehmen Hydrasun in den kommenden Wochen ein Neuerwerb ansteht, wodurch sich der Umsatz mit kohlenstoffarmer Technologie „sofort mehr als verdoppeln“ wird. Nach derzeitigem Stand beläuft sich der für 2022 prognostizierte Umsatz des Unternehmens mit Wasserstofftechnologie bereits auf fünf bis sechs Millionen Pfund – im vergangenen Jahr lag der Wert noch bei zwei Millionen Pfund.
Inzwischen rechnet Hydrasun in diesem Jahr mit einem Gesamtwachstum von mindestens 25% und einem Umsatz von schätzungsweise 90 bis 100 Millionen Pfund. Weitere Einzelheiten der Übernahme bleiben vorläufig unter Verschluss. Drummond erklärte jedoch, dass dieser Schritt, sofern er gelingt, seine Position im Bereich des grünen Wasserstofftransports stärken wird.
Kompetenzakademie
Hydrasun plant unterdessen für September die Eröffnung einer eigens zu diesem Zweck errichteten neuen Kompetenzakademie am Hauptsitz des Unternehmens im Gateway Gewerbepark in Aberdeen.
Hochgestecktes Ziel des neuen Schulungsstandortes sei es, „den weltweit besten Kurs zum Thema ‚Wasserstoffsicherheit‘“ anbieten zu können.
Vorrangige Schulungsinhalte der Eröffnungskurse, die sich an die Mitarbeiter von Kunden und Hydrasun selbst richten, sind beispielsweise Wasserstoffsicherheit, Druckprüfung und Systemmontage, gefolgt von Steuersystemen.
Nebst einer „intensiven“ Rekrutierungsphase arbeitet Hydrasun an einer geplanten Übernahme und hat eine Absichtserklärung mit Panasonic unterzeichnet. Foto: Wullie Marr
Hinzu kommen in diesem Jahr neue Standorte und Anlagen in Glasgow und Aviemore, die in Verbindung mit einer Absicherung in Höhe von 500.000 Pfund aus Mitteln des Scottish Enterprise Förderprogramms, eine Investition von weit über 1 Mio. Pfund darstellen.
Das Unternehmen plant für 2022 außerdem neue Fertigungsstandorte in Teesside und Rotterdam, um mehr Projekte abwickeln zu können, und prüft derzeit die Möglichkeiten zur Errichtung eines neuen Werks in Deutschland.
Drummond wies darauf hin, dass sich diese Entwicklung in einem Zeitraum von nur knapp einem Jahr nach dem Einstieg der Beteiligungsgesellschaft SCF Partners als neuem Investor vollzogen habe. Im Zuge der verbesserten Dynamik in der Öl- und Gasindustrie konnte der Vorstand dadurch „das Unternehmen deutlich offensiver am Markt positionieren, als dies durch statisches Festhalten an einer defensiven Verteidigungsstellung“ möglich gewesen wäre, wozu ja viele Unternehmen in der Lieferkette als Reaktion auf den Abschwung gezwungen waren.
Rekrutierungsoffensive
Hydrasun hat seit dem Start seines Geschäftsbereichs Wasserstoff vor sechs Jahren rund 30 Projekte abgewickelt, in deren Mittelpunkt fast ausschließlich die Nutzung von grünem Wasserstoff in Kombination mit Verkehr und Mobilität stand. In Frankreich wurde beispielsweise das erste Herstellungs-, Speicherungs- und Betankungssystem für ein öffentliches Verkehrsunternehmen errichtet.
Aufgrund des gestiegenen Arbeitspensums befindet sich das Unternehmen derzeit in einer „äußerst intensiven Rekrutierungsphase“ mit einem Zuwachs der Beschäftigten seit dem letzten Jahr um 40 Personen – vorwiegend Ingenieure, Auszubildende und Praktikanten – mit derzeit 17 offenen Stellen, von denen mehr als die Hälfte im Bereich der Wasserstofftechnologie angesiedelt sind.
In Schottland beschäftigt Hydrasun 351 Mitarbeiter, davon 244 am Hauptsitz in Aberdeen.
Dank der Bemühungen des Handelsverbandes der britischen Offshore-Energiebranche (OEUK) und des Lenkungsausschusses „North East of Scotland Hydrogen Ambition“ blickt Drummond optimistisch auf das im Nordosten von Schottland verfügbare Potenzial in diesem Bereich.
„Ich halte es für durchaus realistisch, dass wir im Bereich Wasserstoff künftig eine weltweit führende Rolle einnehmen.“
„Wir als Unternehmen sind fest davon überzeugt, dass diese einmalige Chance direkt vor unserer Haustür liegt und wir nur die Hand ausstrecken müssen, um sie zu ergreifen.“
Skeptiker und der „Wendepunkt“
Trotzdem gibt es immer noch eine Gruppe von Menschen – Akademiker, Mitglieder von Nichtregierungsorganisationen und anderer Bedenkenträger –, die nicht davon abweichen, dass sich Wasserstoff am Markt nicht durchsetzen wird und es sinnvoller sei, beispielsweise in die Elektrifizierung als kostengünstigere und geeignetere Alternative zu investieren.
„Ich kann die bei manchen noch vorherrschende Skepsis nachvollziehen. Blickt man in die Vergangenheit, stellte sich der Energiemarkt vor nicht einmal drei Jahren ganz anders da, und es war nicht zu übersehen, dass zwischen konventionellen Energieträgern und Wasserstoff zur Stromversorgung krasse Unterschiede bestanden.“
„Sieht man sich dann aber an, was in den vergangenen 12 Monaten mit den Gaspreisen und der Gasversorgung passiert ist, hat die ganze Problematik der Sicherheit und Nachhaltigkeit der Versorgung in Verbindung mit dem explosionsartigen Preisanstieg, den wir erlebt haben, meiner Meinung nach zu einer grundlegenden Verschiebung des ökonomischen Koordinatensystems geführt.“
„Ebenso werden die Stückkosten, insbesondere bei Nutzung von grünem Wasserstoff, anhaltender Entwicklung und weiterem Ausbau der Technologie binnen kürzester Zeit sinken. Innerhalb der letzten zwölf Monate hat sich die Kluft generell spürbar verringert.
Ein wichtiger „Wendepunkt“, wie Drummond es formuliert, war die „rasante Beschleunigung des politischen Wandels“ in Deutschland, den Niederlanden, Frankreich und anschließend in Großbritannien, der sich „interessanterweise“ mit dem Umstieg der Kunden von Hydrasun von konventionellem Öl und Gas auf erneuerbare Energien überschneidet.
Panasonic
Aktivitäten im Nordosten Schottlands wie das Aberdeen Wasserstoff-Terminal, das ERM Dolphyn Projekt, Vattenfall HT1, das ETZ und das Acorn Projekt zur CO2-Abscheidung und -Speicherung (CSS) sorgen international für Aufsehen, so der Chef von Hydrasun.
„Als Beispiel dafür sei die Absichtserklärung mit Panasonic genannt“, sagte Drummond und bezog sich dabei auf das in den letzten Wochen mit dem japanischen Giganten unterzeichnete Abkommen.
Gemeinsam bewerten sie die Ergebnisse eines Pilotprojekts zur Dekarbonisierung von Gebäuden in der ETZ – dem von Sir Ian Wood befürworteten Gebiet im Süden von Aberdeen –, bei dem anstelle herkömmlicher Heizquellen Brennstoffzellen von Panasonic eingesetzt werden.
„Der Name Panasonic ist natürlich ein namhaftes Unternehmen, das weltweit höchstes Ansehen genießt. Und genau dieser Tech-Gigant hat sich für Aberdeen als Hauptzielgebiet zur Pilot-Demonstration von Brennstoffzellen aus seiner neuen Produktreihe entschieden. Für mich geht von diesem Schritt an sich schon ein starkes Signal aus.“
Der Motor
Insgesamt „kann man sich aus regionaler Sicht kaum eine bessere Gelegenheit vorstellen“, so Drummond.
„Wir verfügen über das erforderlich menschliche Potenzial, natürliche Ressourcen und einen immensen Erfahrungsschatz aus mehr als 50 Jahren Tätigkeit in der Öl- und Gasindustrie – das sind doch optimale Voraussetzungen.“
„Vereint man diese drei Komponenten, ergibt sich daraus eine historische Gelegenheit, die man unbedingt nutzen muss.“
Entscheidend sei jedoch, dass der Grund, weshalb Hydrasun überhaupt in diese kohlenstoffarme Technologie investieren kann, das konventionelle Öl- und Gasgeschäft in der Nordsee sei.
„Ein florierender Öl- und Gasmarkt – vor allem für ein in Aberdeen ansässiges und nach wie vor an der Nordsee orientiertes und von der Nordsee abhängiges Unternehmen – bleibt weiterhin der Motor für den Wandel unseres Unternehmen, er ist die treibende Kraft, der den Übergang beschleunigt.
„Das ist ein wichtiger Punkt aus Sicht der Lieferkette.“